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Evolutionärer Humanismus

GBS Schweiz on Januar 1. 2014

Wir sind nicht die Krone der Schöpfung, sondern die Neandertaler von morgen – und die Cyborgs von gestern?

GBS Schweiz

 

Die Giordano Bruno Stiftung vertritt die Position des evolutionären Humanismus, die Mitte des letzten Jahrhunderts vom bedeutenden Evolutionsbiologen und ersten Generaldirektor der UNESCO, Julian Huxley, angedacht wurde. Im Auftrag der Stiftung wurde der evolutionär-humanistische Ideenkomplex u.a. im „Manifest des evolutionären Humanismus“, verfasst vom GBS-Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon, wieder aufgegriffen und auf den aktuellen wissenschaftlichen Stand gebracht.

Wie jeder konsequente Humanismus geht auch der evolutionäre Humanismus von der Notwendigkeit und Möglichkeit der Verbesserung unserer Lebensverhältnisse aus. Evolutionäre Humanisten treten entschieden für die Werte der Aufklärung, für kritisches, rationales Denken, Freiheit und soziale Gerechtigkeit ein. Allerdings begreifen sie den Menschen nicht mehr als „Krone der Schöpfung“, sondern als unbeabsichtigtes Produkt der natürlichen Evolution, die sich auf unserem Weltallstaubkorn zugetragen hat.

Als Kind der Evolution ist der Homo sapiens zwar ein spezielles Tier (mit globaler und potenziell kosmischer Wirkmacht – wohl oder übel?), aber doch auch nur ein Tier unter Tieren, was sich in einem verantwortungsbewussteren Umgang auch mit den nicht-menschlichen unter ihnen niederschlagen sollte.

Die normative bzw. Wert-Grundlage des evolutionären Humanismus bildet das ethische Prinzip der gleichen Berücksichtigung gleichrangiger Interessen. Daher sind diskriminierende Ideologien wie Rassismus, Sexismus, Ethnozentrismus oder Speziesismus sowie sozialdarwinistische Konzepte, die historisch mitunter auch von Evolutionstheoretikern vertreten wurden (irregeleitet wohl u.a. vom weitverbreiteten naturalistischen Fehschluss bzw. Natur-Bias), mit dem evolutionären Humanismus unvereinbar.

Der evolutionär denkende Mensch kann nicht mehr Schutz vor der Einsamkeit suchen, indem er sich in die Arme einer zum Gott erhobenen – von ihm selbst geschaffenen – Vatergestalt flüchtet; nichts entbindet ihn von der mühevollen Aufgabe, sich den Problemen der Gegenwart zu stellen. Wir müssen aufgeben, uns in intellektueller wie ethischer Hinsicht wie der Vogel Strauss zu verhalten, wir dürfen unseren Kopf nicht mehr in gewollter Blindheit in den Sand stecken.

– Julian Huxley

Etwas präziser lassen sich die Grundbausteine des evolutionären Humanismus, wie ihn die GBS Schweiz vertritt, wie folgt bestimmen und skizzieren:

1. Historisch geleistete Vorarbeit: Anknüpfung an den Humanismus der Aufklärung

2. Ethik: Evolutionäre Erweiterung des Humanismus nach „hinten“ und „vorne“

3. Rationalität: „Evolutionäres“ Updating des Humanismus gemäss aktuellem Stand

Zusammengefasst interessiert sich der evolutionäre Humanismus also für die (möglichst zutreffende Beantwortung der) Fragen, die letztlich zu zählen scheinen: Woher kommen wir; wer sind wir (bzw. unsere Gehirne) heute; wie sieht die Welt aus, in der wir leben, und was ist unsere Situation in ihr; wie fällen wir faktisch Entscheidungen; wie könnte und sollte die Welt aussehen, d.h. wohin wollen und sollen wir gehen; und wie sollten wir Entscheidungen fällen, um den Weltverlauf optimal zu beeinflussen? Die Leitfrage des evolutionären Humanismus könnte demnach lauten:

Woher kommen wir und wohin sollen wir, rational, gehen?

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